Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg
75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die westfälische Präses Annette Kurschus vor einem neuen Wettrüsten gewarnt. Zudem rief sie zum Einsatz für die Würde des Lebens, ein solidarisches Miteinander und gegen jede Form von Rassismus auf. Die Verbrechen, die damals von Deutschland ausgingen, verlangten „ein kraftvolles Bekenntnis zur ewigen Erwählung des Volkes Israel und gegen jede Form von Antisemitismus in unserem Land, der mittlerweile wieder seine hässliche Fratze zeigt.“
Die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen sprach eine Videobotschaft auf dem Ehrenfriedhof des ehemaligen „Stammlagers 326 Senne“ in Schloß Holte-Stukenbrock bei Bielefeld. Dort waren von 1941 bis 1945 hauptsächlich sowjetische Soldaten und Zwangsarbeiter inhaftiert, von denen Zehntausende an Hunger und Entkräftung starben oder erschossen wurden. Ihre genaue Zahl ist unbekannt. „Frieden ist so viel mehr als die Abwesenheit von Krieg“, sagte sie weiter.
Kurschus erinnerte auch an das Versagen der evangelischen Kirche und der großen Mehrheit der Christen in Deutschland. „Wir müssen bekennen, dass sich unsere Kirche zwar im Eigeninteresse gegen die Übergriffe der Nazis wehrte, aber doch sprach- und tatenlos blieb, als die Würde des Menschen in Lagern, Kellern und Schützengräben verhungert ist.“
Der 8. Mai 1945 sei ein Tag der Erlösung und der Befreiung gewesen – für Deutschland und ganz Europa: „Endlich fiel der braune Schleier von Gewalt und Rassenwahn, von Menschenverachtung und blindem Gehorsam, von verblendeter Mittäterschaft und dumpfem Mitläufertum. Endlich wurde benannt und bekannt, was geschehen war.“
Die Videobotschaft von der Gedenkstätte Stukenbrock ist hier zu sehen: http://ekvw.de/achtermai
Der Friedensbeauftragte der westfälischen Landeskirche, Heiner Montanus, erinnerte zum Jahrestag des Kriegsendes daran, dass Freiheit, Demokratie und soziale Marktwirtschaft Errungenschaften sind, die mit dem Sieg der Alliierten über die NS-Diktatur möglich wurden. „Wir sind Gott und Menschen dankbar für diese von anderen für uns erkämpfte und uns geschenkte Befreiung und Freiheit!“ Sie müsse immer neu erhalten, gepflegt und gestärkt werden, erklärte der hauptamtliche Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid.