Fleischexporte

Ein stattlicher Berg frischer Ware wartet in der Fleischtheke des Supermarktes auf Käuferinnen und Käufer. Und die greifen zu: Hähnchenbrust ist beliebt. Viel beliebter als Chicken Wings oder Schenkel. Allerdings hat die Natur es so eingerichtet, dass ein Hähnchen nur im Ganzen aufwächst, mit Flügeln und Schenkeln. Diese sind in Deutschland aber schwer verkäuflich, die Verbraucher verlangen nach den Filetstücken. Was also tun mit dem Rest vom Huhn? Entsorgen ist teuer. Günstiger ist es, zu exportieren.

Dumpingpreise für Hühner in Westafrika

Beispielsweise nach Westafrika, Kamerun oder Ghana, wo Hähnchenfleisch auch sehr beliebt ist. Seit einigen Jahren tauchen etwa auf den Märkten in Accra, der Hauptstadt Ghanas, europäische Hähnchenteile auf – tiefgefroren und sehr viel preiswerter als ein Hahn aus heimischer Produktion.

Einschließlich der Frachtkosten liegt ihr Preis bei Ankunft in Westafrika zwei Drittel unter den lokalen Preisen für Hühner – da haben Hersteller vor Ort keine Chance mehr. Selbst im Großhandel in Accra sind die Preise für die Hühnerreste noch so niedrig, dass sie erst die Hälfte der europäischen Entstehungskosten abdecken würden. Aber bisher ist es noch keinem Entwicklungsland gelungen, wegen Dumpings ein Verbot dieser Praktiken bei der Welthandelsorganisation (WTO) durchzusetzen. Die Folge: Lokale Produzenten können bei der Billigkonkurrenz nicht mehr mithalten und werden vom Markt verdrängt. Hähnchenzüchter, Produzenten von Futtermitteln – sie alle werden arbeitslos.

Das Einmaleins des billigen Hähnchenfleischs
Die Preise werden so kalkuliert, dass mit dem Verkauf des Brustfilets bereits 40 Prozent der Erlöse erzielt werden, obwohl es lediglich 14 Prozent des Hühnerfleisches ausmacht.

Nach der Versteigerung weiterer Teile des Huhns wird das Restfleisch zu einem Dumping-Preis von 1,44 Euro pro Kilo nach Afrika verschifft. Gegen diese Form der Quer-Subventionierung haben die Farmer zum Beispiel in Ghana bei einem Erzeugerpreis von 2,40 Euro pro Kilogramm keine Chance (Zahlen aus 2009).

Gewinner des globalen Hühnerbooms sind vor allem die großen Fleischkonzerne. Sie kontrollieren die gesamte Kette mittels Verträgen mit den Bauern, den Zulieferern, der Futtermittelindustrie und den Schlachthäusern. Besonders mächtig sind sie dann, wenn auch die Zuchtfirmen mit verflochten sind. Der Konzentrationsprozess war und ist immens. So sind in Europa nur noch wenige, vollautomatisierte Schlachthäuser übrig geblieben. Viele kleine Produzenten in Europa, allen voran die Geflügelzüchter, sind aufgrund von Verträgen vollkommen abhängig von den Schlachthäusern. Sie stehen unter einem enormen wirtschaftlichen Druck.

Quellen für diese Informationen sind Berichte von Brot für die Welt, auf deren Internetseite sich weitere Informationen finden, auch zu der Kampagne „Niemand is(s)t für sich allein“. Beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kann der so genannte Fleischatlas bestellt werden.