Westfälische Kirche auf der Suche nach Lösungen – EuropaForum in Villigst
Corona-Pandemie, Brexit, Nationalismus und nun auch noch Krieg in der Ukraine – auf die eine Krise folgt derzeit die nächste in Europa. Mit Fragen der einstigen Idee eines gemeinsamen Hauses befasste sich das diesjährige „EuropaForum“ der Evangelischen Kirche von Westfalen in der Tagungsstätte „Haus Villigst“ in Schwerte. Unter dem Titel „Nach der Krise – in der Krise – wohin entwickelt sich Europa?“ tauschten sich rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus. Auf dem Programm standen zwei Vorträge und mehrere Workshops.
Zum Auftakt sprach die Leiterin des Brüsseler Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Oberkirchenrätin Katrin Hatzinger, über die veränderte Situation in Europa seit dem Krieg in der Ukraine. Der russische Angriff auf die Ukraine sei eine Zäsur für die europäische Friedensordnung, der auch globale Folgen habe: „Der Krieg verschärft den Hunger weltweit“, sagte sie mit Blick auf weniger Weizenexporte.
Es sei Putins Krieg, der ebenso die Kirchen vor Herausforderungen stelle. Sie müssten sich mit Geopolitik aus friedensethischer Perspektive befassen sowie europäische Sicherheits- und verteidigungspolitische Entwicklungen stärker in den Blick nehmen. Auch ambivalente Positionen gelte es dabei auszuhalten. Eine klare und deutliche Kritik forderte Hatzinger gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche, weil sie „diesen völkerrechtswidrigen Krieg mit zahlreichen Kriegsverbrechen“ nicht verurteile.
Zum Thema „Der Krieg in der Ukraine als Herausforderung für partnerschaftliches Engagement“ sprach Astrid Sahm von der Geschäftsführung des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerkes Dortmund/Minsk. Sie fragte danach, wie lange die Partnerschaftsarbeit überhaupt noch fortgesetzt werden könne. Es dürften sich nun aber keine neuen Feindbilder verfestigen, warnte sie. Die Kirchen sollten solange es geht, humanitäre Hilfe leisten und Klimaschutzmaßnahmen unterstützen.
Ein Workshop mit Professor Dr. Gilles Reckinger (Institut Supérieur l’Économie, Luxemburg) stand unter dem Titel „‘Bittere Orangen‘ – Moderne Sklaverei in Süditalien“. Er berichtete eindrücklich über die prekäre Situation der Geflüchteter aus Afrika vor allem in Kalabrien, die gezwungenermaßen als Tagelöhner in Akkordarbeit ohne Papiere auf den Orangen- und Obst-Plantagen arbeiten. Als starkes Zeichen der Solidarität hob er die Orangen-Aktion „Süß statt bitter“ des Amtes für MÖWe hervor, um so faire Löhne und angemessene Preise für Obstbauern zu unterstützen.
In einem weiteren Workshop berichtete Anna Wrzesinska als Referentin für internationale Beziehungen der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, über die Hilfen für Ukraine-Flüchtlinge. Die Solidarität der Menschen untereinander sei groß – seit Kriegsbeginn seien in Polen etwa drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen worden. Weiter berichtete sie, dass sich die Minderheitskirchen im Land in einer schwierigen Lage befinden.
Den Abschluss der Workshops bildete eine von Rüdiger Noll (Bereichsleitung Europa und Ökumene, Evangelische Akademien in Deutschland) eingeleitete Diskussionsrunde zu den Fragen „Was soll jetzt getan werden?“. Dabei stand im Vordergrund, den Dialog nicht abreißen zu lassen. Auch über Sicherheitsfragen müsse neu nachgedacht werden.
Das „EuropaForum“ wird vom Unterausschuss Europa der Evangelischen Kirche von Westfalen organisiert. Er wirbt durch ökumenische Zusammenarbeit in West-, Mittel- und Osteuropa für Versöhnung, Frieden und Dialog.
Kontakt: Thomas Krieger, thomas.krieger@ekvw.de