Grußwort der evangelischen Landeskirchen und der katholischen Bistümer in NRW zum Ramadan
Sehr geehrte, liebe muslimische Gläubige!
Wer Ihnen begegnet, darf erleben, welche große Bedeutung Geduld und Gottvertrauen im Islam besitzen. Das sind gute Gaben – für alle. Wo Menschen sie besitzen, strahlen sie leise und beständig in ihr soziales Umfeld aus: hier die Arbeitskollegin, die trotz der Belastungen und Gefährdungen der Pandemie ruhig und gefasst ihren Dienst tut; dort der Freund, der einen schweren Verlust erlitten hat, aber nicht verbittert ist, obwohl er allen Grund dazu hätte.
In der Krise können Geduld und Gottvertrauen den Unterschied machen. Sie bewahren uns vor Resignation einerseits und kopflosem Handeln andererseits, denn sie sind eng verbunden mit einer weiteren wichtigen Gabe – der Hoffnung. Sinnvolles Handeln in der Krise braucht den Funken der Hoffnung, der aus Gottvertrauen und Geduld wächst. Wir sehen es in der Coronakrise, aber auch in der Klimakrise. Beide Krisen können uns in ihrer globalen Dimension mut- und ratlos machen. Die Klimakrise legt schonungslos offen, welchen Mangel an Gerechtigkeit und Solidarität wir in unserer Welt zulassen. Die ärmeren Länder des Südens erfahren schon heute Dürren und Überflutungen. Wetterextreme verursachen lokale Konflikte und veranlassen Menschen zur Flucht. In den reichen Ländern jedoch glaubte man lange Zeit, die Augen vor der Klimakrise verschließen zu können: Es ist unsere maßlose Lebensweise, die den Armen und den kommenden Generationen ihre Zukunft stiehlt.
Klima- wie Coronakrise fordern uns umfassend heraus. Nun sehen wir uns zudem durch den Angriff Russlands auf die Ukraine einem Krieg gegenüber. Das Leid, das er über Menschen bringt, ist nicht zu ermessen. Kein Mensch kann dem allen alleine entgegentreten. Wir müssen darauf vertrauen und darauf hoffen, dass es uns als Menschheit mit Gottes Hilfe gelingt, die erforderlichen Schritte zu erkennen und zu tun. Ohne Geduld und Vertrauen in Gott und unsere Mitmenschen fehlt uns die Hoffnung. Ohne Hoffnung und ohne Nächstenliebe werden wir es nicht wagen, diese komplexen Herausforderungen anzugehen. Geduld, Gottesvertrauen und die Liebe zum Nächsten nähren die Hoffnung. Die Hoffnung aber macht uns stark in unserem Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Krieg und Ungerechtigkeit, Dürre und Überflutungen, Krankheit und Hunger werden nicht das letzte Wort haben.
In ihrem gemeinsamen Wort zur Coronakrise haben evangelische, katholische und orthodoxe Kirchen im Frühjahr 2020 ein Hoffnung machendes Wort des Evangeliums ins Bewusstsein gerufen:
„Fürchtet euch nicht!“ (Matthäus 28,5)
Daran anknüpfend schreiben sie: „Dieser Trost ermutigt uns, angesichts der Not und der Angst nicht in Verzagtheit zu verharren, sondern Hoffnung und Zuversicht zu schöpfen. Und Gott ist uns Menschen auch dann nahe, wenn wir nicht selbstsicher und souverän sind, sondern unsicher tastend, suchend und fragend. Wer sich von dieser Hoffnung leiten lässt, vermag anderen Bei- stand, Trost und Hoffnung zu spenden.“
Möge dieser Ramadan Ihnen und Ihren Gemeinden und Familien eine Quelle der Geduld, des Gottvertrauens und der Hoffnung eröffnen, die unsere Welt so sehr braucht. Gemeinsam mit allen Menschen guten Willens können wir so den Mut und die Entschlossenheit finden, nicht nachzulassen in unserer gemeinsamen Sorge für die Welt, die wir bewohnen.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien und Gemeinschaften
einen segensreichen Ramadan und ein frohes Fest des Fastenbrechens!