Kritik an fehlenden Fortschritten und mangelndem Einsatz
Das Amt für MÖWe und die Christliche Initiative Romero (CIR) haben ihren Austritt aus dem Bündnis für nachhaltige Textilien erklärt. Die beiden Nichtregierungsorganisationen begründeten ihre Entscheidung am Internationalen Tag der Menschenrechte (10. Dezember) mit fehlenden Fortschritten und mangelnden Einsatz der Mitgliedsunternehmen im Bündnis.
„Das ist für uns ein schmerzlicher, aber überfälliger Schritt nach langer, zeitweise intensiver Mitarbeit im Textilbündnis“, sagte Sandra Dusch Silva, Referentin für Kleidung bei der CIR. Das Bündnis bestehe seit über sieben Jahren, die Arbeitsergebnisse seien jedoch ernüchternd. „An Bündnisinitiativen, die vor Ort Veränderungen voranbringen sollen, haben sich verschwindend wenige Unternehmen beteiligt“, kritisierte Pfarrer Dietrich Weinbrenner, Beauftragter für nachhaltige Textilien in der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Vereinten Evangelischen Mission (VEM).
Das Textilbündnis wurde im Oktober 2014 als Reaktion auf tödliche Unfälle in Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan vom damaligen Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) gegründet. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern.
Nach nunmehr sieben Jahren ist nach Angaben von Silva und Weinbrenner in der Summe festzustellen, dass das Textilbündnis weit hinter seinen Zielen zurückgeblieben ist. Unternehmen bleiben weit hinter dem zurück, was wir als Kirche und Zivilgesellschaft erwarten.
Ein Kernziel war es von Beginn an, für existenzsichernde Löhnen einzutreten. Doch hat es hier vor Ort zu keiner einzigen Verbesserung geführt. An einem nun startenden living-wage-lab wollen sich von 70 Mitgliedsunternehmen nur 12 beteiligen. ALDI Nord gehörte zunächst dazu, ist aber nach zwei Monaten Mitarbeit wieder ausgetreten. Dass namhafte Konzerne wie Adidas, C&A, Gerry Weber oder Seidensticker sich von vorneherein nicht an dieser Initiative beteiligt haben, verdeutlicht, wie schwach und unzuverlässig das Engagement relevanter Mitgliedsunternehmen beim Thema Existenzlöhne ist.
Im Zuge der Covid-Pandemie haben auch Bündnis-Unternehmen die Lasten auf ihre Zulieferbetriebe und damit auf die Arbeiterinnen und Arbeiter abgeschoben. Bestellte und schon produzierte Waren wurden nicht abgenommen, Bestellungen wurden annulliert. Die Verantwortung für die Schwächsten in der Pandemie wurde nicht oder von einigen erst im Nachgang wahrgenommen.
Es gibt immer noch relevante Mitgliedsunternehmen, die den Review-Prozess nicht abgeschlossen haben. So haben H&M, Primark oder Puma ihre Berichtspflicht für das Jahr 2021 immer noch nicht erfüllt. Ein anspruchsvoller Review-Prozess mit transparenter Berichterstattung ist unverzichtbarer Kern des Bündnisses.
Eine aussagekräftige Wirkungsmessung der Maßnahmen der Unternehmen ist essentiell, auch für die Glaubwürdigkeit des Bündnisses, wie das Amt für MÖWe und CIR unterstreichen. Eine solche gibt es aus Mangel an Beteiligung der Unternehmen nicht. Die Datenlage ist höchst unbefriedigend.
Auch gibt es immer noch keine aussagekräftige Transparenz im Blick auf die Lieferketten. Nur wenige Bündnis-Unternehmen legen ihre Lieferketten in aggregierter Form vor, obwohl dies keine unternehmens-sensiblen Daten beinhaltet.
Für die Mitgliedsunternehmen im Textilbündnis müsste die Unterzeichnung des Bangladesh-Accord- Folgeabkommens eine Selbstverständlichkeit sein, auch weil es die Katastrophe betrifft, die zur Gründung des Bündnisses geführt hat. Dies ist nicht bei allen Bündnis-Unternehmen der Fall. Dies zeigt, wie wenig sie die Bündnisziele ernst nehmen, wenn es um konkrete Umsetzung geht, kritisieren die beiden ehemaligen Bündnis-Mitglieder.
Zum Austritt gibt es eine gemeinsame Pressemitteilung.
Kontakt: Dietrich Weinbrenner, Weinbrenner-D@vemission.org, Mobiltelefon: 0163 5606406
Foto: Brot für die Welt